«Wir sind illegal – in Russland / Wir sind illegal – in Indien / Wir sind illegal in Uganda, Iran und in Kamerun», schnulzen seit heute auf allen Kanälen, leider ohne dabei vor Scham endlich im Erdboden zu versinken, etablierte deutsche Medien-Sternchen wie Hella von Sinnen und David Berger (s. hier). Erstere zehrt noch immer vom Nachruhm des Tortenwerfens in der Frühzeit des hiesigen Privatfernsehens, Letzterer ist ein geschasster katholischer Theologe und das publizistische Aushängeschild eines auf teure Unterhosen und rassistische Pornos («Araber unter sich») spezialisierten Handelshauses, das letzte Woche verdientermaßen pleiteging – weil, so blöd, den Scheiß zu kaufen, waren nicht mal «wir». Diese verdienten Vorkämpfer_innen lesbisch-schwuler Befreiung also versichern «uns», dass wir «zu 100 Prozent Prozent Mensch» seien. Auweia, dachte ich, am Ende gehöre ich auch noch dazu. Doch nach sorgfältiger Lektüre der pathetischen Hymne darf ich beruhigt feststellen: Nee, ich nicht! Denn die «100 Prozent» sind hier an Bedingungen geknüpft, die ich nicht oder nicht mehr erfülle. «Wir sind Mütter und Väter, haben Kinder – ja, wir sind Eltern», heißt es da nämlich. Und: «wir führ’n Ehen» – was auf den bemerkenswert einfältigen Reim «Bis sie’s sehen und verstehen» hinausläuft. Da haben aber wohl welche immer noch nicht verstanden, was Eike Stedefeldt ihnen zu bedenken gab, als die ELP eingeführt wurde: Es ist eher unwahrscheinlich, dass der Typ, der meinem Partner und mir – übrigens nicht in Russland, Indien oder Uganda, sondern hierzulande – seinen Baseballschläger über den Kopf ziehen will, von seinem Vorhaben ablässt, wenn wir beherzt sagen: «Halt, mein Herr, wir sind doch verheiratet»… Jahrein, jahraus bringt die CSD-Saison das Peinlichste, was diese «Community» zu bieten hat, zutage. Dies hier ist, politisch wie ästhetisch, ein Tiefpunkt, den nicht mal ich für möglich gehalten hätte.
Salih Alexander Wolter